Einsatz und Ausbau von Verkehrsmanagement-Anlagen auf den Nationalstrassen
Blogserie zu mehr Verkehrssicherheit und Verkehrsqualität (Teil 5/7).
In unserer mehrteiligen Blogserie beleuchten wir die Entwicklung der Schweizer Nationalstrassen in Bezug auf die Systemarchitektur Schweiz (SA-CH) sowie Verkehrsmanagement und zeigen dabei die Erfahrung von Eraneos Group in diesen Themen schrittweise auf. Im vorliegenden fünften Teil zeigen wir auf, wie im Rahmen des Projekts «Filiale 4 Verkehrsmanagement-Infrastruktur» (F4 VM) an strategischen Verkehrspunkten eine wirkungsvolle Optimierung des Verkehrsmanagements erreicht werden kann.
Mit dem Projekt «Verkehrsmanagement Schweiz (VM-CH)» will das ASTRA die Voraussetzungen für eine wirkungsvolle Beeinflussung des Verkehrs schaffen. Die Verkehrsmanagement-Einrichtungen in der ASTRA-Filiale Winterthur sollen diesen Anforderungen gerecht werden. Beim Projekt «F4 VM» handelt es sich dabei um ein Infrastrukturprojekt, das die in der Bestandsaufnahme festgestellten Lücken in Bezug auf die angestrebte Ausrüstung der Nationalstrassen mit Verkehrsmanagement-Anlagen (VM-Anlagen) schliessen soll.
In den Verkehrsmanagement-Konzepten der Gebietseinheit 6 (GE VI) und Gebietseinheit 7 (GE VII) wurden die zu ersetzenden und neu zu erstellenden VM-Anlagen festgelegt. Sämtliche Anlagen, welche nicht in Projekten der Unterhaltsplanung vorgesehen waren, wurden mit dem Projekt F4 VM realisiert.
Insgesamt umfasst das Projekt verschiedene VM-Anlagen bzw. Teile des Verkehrsmanagements in der ASTRA Filiale 4:
- Verkehrszähler (VZ) / Zählstellen-Controller (ZSC)
- Verkehrsfernsehen (VTV) / Videomanagement-System (VMS)
- Wechseltextanzeigen (WTA)
- Wechselwegweisung (WWW)
- Geschwindigkeitsharmonisierung und Gefahrenwarnung (GHGW)
In diesem Artikel gehen wir vertieft auf die fünf oben genannten VM-Anlagen, welche im Projekt F4 VM umgesetzt wurden, ein. Der Perimeter der Massnahmen erstreckt sich geographisch über das gesamte Betreuungsgebiet der ASTRA Filiale F4 (unterteilt in GE VI und GE VII) und betrifft eine grosse Anzahl Anlagen und Standorte.
Das ASTRA erhebt mittels Verkehrszähler fahrzeugspezifische Verkehrsdaten auf den Nationalstrassen für ein wirksames Verkehrsmanagement. Die Verkehrszähler stellen die Erfassung und Übertragung der Messwerte und Messdaten von vorbeifahrenden Fahrzeugen sicher. Die Verarbeitung und Verteilung der erfassten Daten ist nicht mehr Bestandteil eines Verkehrszählers (VZ), sondern die Aufgabe des Zählstellen-Controllers (ZSC). Die Datenerfassung hat zwei unterschiedliche Ziele. Einerseits bilden die erhobenen Daten die Voraussetzung für ein effektives Verkehrsmanagement und nutzt die laufende (online) Erfassung der aktuellen, präzisen Verkehrslage zur globalen Verkehrslagedarstellung auf dem Nationalstrassennetz. Andererseits bilden die Daten die Basis für die Erstellung der Verkehrsstatistik und dem Aufbau sowie der Fortschreibung von langjährigen Zeitreihen und Kennziffern zum Verkehrsgeschehen und dessen Entwicklung.
Die Fahrzeuge werden mittels Verkehrszähler nach den Kategorien der «Swiss 10» Fahrzeugklassifizierung erfasst, welche z. B. Personenwagen, Kleintransporter oder Lastwagen unterscheiden. Solche Verkehrsdaten wurden bisher ausschliesslich durch Induktionszähler in der Fahrbahn erhoben. Dabei erfasst ein Zählgerät die Induktionssignale der passierenden Fahrzeuge und bereitet diese auf. Die spezifische Induktionssignatur eines Fahrzeuges liefert dabei die Information über die Klasse, die dem Fahrzeug zugeordnet wird.
Neue optische Verfahren bieten eine verbesserte Verkehrserfassung gegenüber den herkömmlichen Induktionszählern. Dank exakter Laservermessung (in Form von Überkopfzählern) ist die optische Verkehrserfassung in der Lage, eine sehr detaillierte Fahrzeugklassifizierung durchzuführen. Das optische Verfahren nutzt Laserscanner, die direkt oberhalb der Fahrbahn (z. B. an Brücken und Portalen oder an einem Mast neben der Strasse) montiert sind. Im Gegensatz zu den Induktionszählern sind keine Arbeiten an der Fahrbahnoberfläche notwendig, und damit sind die Anlagen unter anderem auch nicht von Belagssanierungen betroffen.
Im Projekt F4 VM sind die Massnahmen an der Infrastruktur der Verkehrszähler wiederum unterteilt in die beiden Gebiete der GE VI und GE VII. Die Massnahmen umfassen den Neubau, die Anpassung, Inbetriebsetzung und den Rückbau von gesamthaft 37 Verkehrszählern. Die Herausforderung darin besteht, dass bei den heutigen Verkehrszählern gleichzeitig die Erhaltung der VM-Anlagen bei den Umbauarbeiten sichergestellt werden muss. Zudem sollen die Daten von mehreren heterogenen Systemen (auch teilw. kantonale Systeme) in einem zentralen System zusammengefasst werden. Dies hat zum Zweck, alle Messstellen auf den Nationalstrassen im Projektperimeter F4 VM anzugleichen und in das ASTRA Messstellennetz aufzunehmen.
Das ASTRA braucht zur Beobachtung der aktuellen Verkehrslage Kameras auf der Nationalstrasse. Mithilfe der Kamerabilder hat die Verkehrsmanagementzentrale Schweiz (VMZ-CH) Einblick in die Verkehrssituation vor Ort, erkennt die Ursache von Störungen und sieht, wenn sich ein Stau wieder auflöst. Diese Informationen benötigt die VMZ-CH, um den Verkehr wirksam zu steuern und zuverlässige Verkehrsmeldungen herauszugeben.
Die Verkehrsleitzentrale der Polizei braucht die Kameras der Nationalstrasse ebenfalls, um bei einem Unfall den Rettungseinsatz besser planen zu können (Verkehrssicherheit).
Im Projekt F4 VM sind unter anderem ca. 50 neue IP-Kameras installiert und die alte VTV-Anlage im Girsbergtunnel ersetzt worden.
Im Projekt F4 VM wurde auch das alte Videomanagement System der GE VII durch ein modernes und flexibles VMS ersetzt und die Anbindung der VMZ-CH und der Partnerorganisationen stark vereinfacht. Wenn ein Ereignis auf der Nationalstrasse detektiert wird (z.B. Brand im Tunnel, Falschfahrer, …), schaltet das VMS automatisch die entsprechenden Bilder auf der Grossbildanzeige in der Verkehrsleitzentrale auf. So erhält die Polizei rasch Einsicht in die Situation vor Ort.
Die Wechseltextanzeigen (WTA) weisen die Verkehrsteilnehmenden mithilfe von Texten, Signalen und Piktogrammen frühzeitig auf Ereignisse im Verkehrsablauf hin. Zudem sind sie ein wichtiges Instrument zur Verbreitung von Meldungen für das „Verkehrsmanagement“, die „Verkehrssicherheit“, „ortsspezifische oder allgemeine Verkehrsinformationen“ sowie für „präventive Verkehrssicherheitshinweise“.
Um dem erhöhten Verkehrsaufkommen gerecht zu werden und eine optimale Ausnutzung der vorhandenen Strassenkapazitäten mittels Verkehrsmanagement zu erreichen, wurden in der GE VI und GE VII auf der Grundlage der Streckenausrüstung VM-CH acht neue Wechseltextanzeigen installiert. Dank der Realisierung der WTAs, kann nun in der Verkehrsmanagementzentrale Schweiz (VMZ-CH) innert kürzester Zeit auf ein Ereignis oder auf eine Sperrung reagiert und dem Verkehr entsprechend Umleitungs- sowie Verhaltensempfehlungen übermittelt werden.
Die Wechselwegweiser werden benötigt, um Umleitungen zu signalisieren. Die Wechselwegweiser enthalten Prismenwechsler, die bei Bedarf gedreht werden können und sind in ein Verkehrsleitsystem integriert. In unserem dritten Teil der Blogserie finden Sie mehr Informationen zu den Verkehrsleitsystemen.
Im Fall einer Sperrung auf der Nationalstrasse kann die VMZ-CH oder die zuständige Kantonspolizei die Wechselwegweisung unverzüglich von der Zentrale aus steuern und so möglichst schnell die Umleitung signalisieren. Die Polizei oder das Unterhaltspersonal muss dabei nicht mehr vor Ort gehen, um Umleitungen von Hand zu stellen.
Im Projekt F4 VM wurden fehlende Wechselwegweiser an den Anschlüssen Urdorf Süd und Affoltern am Albis realisiert.
GHGW ist eine Verkehrsmanagement-Massnahme, um bei hoher Verkehrsbelastung die Staubildung zu verhindern bzw. zumindest zu verzögern und die Sicherheit auf der Strasse zu erhöhen. Im vierten Teil unserer Blogserie beschreiben wir das System GHGW. Zudem illustriert folgender Erklärfilm des Bundesamts für Strassen ASTRA, wie das GHGW-System funktioniert: https://youtu.be/l1wbPD-5VmI
Im Projekt F4 VM wurde auf der A51 (Zürich Nord – Kloten Nord) und der A03 (Zürich - Pfäffikon SZ, zusammen mit einem Parallelprojekt) eine GHGW realisiert. Auf der A03 werden die Verkehrsdatensensoren der GHGW ebenfalls zur Falschfahrerdetektion genutzt. Wenn ein Falschfahrer detektiert wird, wird ein Alarm in der Verkehrsleitzentrale ausgelöst. Es ist zusätzlich vorgesehen, im Falle eines Falschfahrers die signalisierte Geschwindigkeit automatisch zu reduzieren und die entsprechenden Videokameras in der Leitzentrale aufzuschalten. Dies erhöht die Verkehrssicherheit und ermöglicht es der Polizei, rasch Einsicht in die Situation vor Ort zu erhalten.
Fazit
Der Ausbau der Verkehrsmanagement-Anlagen verbessert die Verkehrserfassung und die Verkehrslagedarstellung. Zudem kann die VMZ-CH die Verkehrsteilnehmenden besser informieren und Umleitungen schneller signalisieren. Dank der automatischen GHGW wird der Verkehr flüssiger. Die verschiedenen Anlagen ergänzen sich gegenseitig und tragen dazu bei, dass der Verkehr besser fliesst und Staustunden sowie Umweltbelastungen reduziert werden. Dies wiederum fördert die Sicherheit auf den Nationalstrassen und erhöht die Verkehrsqualität.
Wie reduziert man den Stau ohne Ausbau des Nationalstrassennetzes?
Wer Auto fährt, hat ihn erlebt: den unangenehmen Stau auf dem Heimweg nach der Arbeit oder bei einem Ausflug an einem nicht-mehr-ganz-entspannten Wochenende... wie mit dem smarten Einsatz von Verkehrsmanagement-Anlagen Staus reduziert werden können, ohne das Nationalstrassennetz auszubauen.
Smart Mobility | Die Mobilität im Wandel
Kontinuierlich wachsendes Verkehrsaufkommen auf unseren Strassen und zunehmendes Passagieraufkommen im öffentlichen Verkehr... Gefordert sind neue, intelligente Mobilitätsdienstleistungen, die den Zeitgeist der Digitalisierung berücksichtigen.
Berichte zu unseren Projekten, Wissenswertes aus den verschiedenen Kompetenz- und Kundenbereichen als auch Informationen über unser Unternehmen haben wir hier für Sie zusammengetragen.