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AI-Technologie und Kunst auf dem rC3

09.10.2021

Der #rc3-Jahreskongress des Chaos Computer Clubs in 2020 fand pandemie-bedingt ausschliesslich Online statt. Da ich es bisher leider nie geschafft habe, mal persönlich vor Ort teilzunehmen, weil die Ticketkontigente jeweils sehr schnell verdampft waren, war es umso cooler den Diskussionen und Vorträgen dieses mal online folgen zu können.


Für alle, die noch Interesse an den Themen haben, hier der Link zu den Aufzeichnungen. Aus meiner Perspektive empfehle ich folgende spannenden Referate:

  • How to survive in a spacecraft
  • Hacking German Elections
  • Über mutierte Viren, tödliche Impfungen und den täglichen Wahnsinn in der Notaufnahme


Paolo Cirio

Insofern bot der Online-Kongress eine schöne Möglichkeit der Teilhabe und viel Unterhaltung. Mein persönlicher Höhepunkt, war neben der Lesung von #marcuwekling aus seinem aktuellen Buch #qualityland2.0 der Vortrag des italienischen Künstlers Paolo Cirio. Cirio hielt einen (leider nicht aufgezeichneten) Vortrag zum Thema facial recognition und hat dabei sein aktuelles (Kunst?)Projekt vorgestellt. Er hat im Oktober 2020 aus Presse-Fotos, die während französischer Corona-Proteste aufgenommen worden sind, Bilder von ca. 1000 französischen PolizistInnen gesammelt und diese durch frei verfügbare Bilderkennungssoftware geschickt. Dabei konnte er die PolizistInnen identifizieren und Namen bzw. Adressen zu ordnen. Diese hat er in einer öffentlichen Datenbank frei verfügbar gemacht und Bilder der PolizistInnen in Paris plakatiert.


Kunst muss provozieren und zu Diskussionen führen. Dieses Ziel hat er problemlos erreicht, ihm geht es um das grundsätzliche Verbot von polizeilich eingesetzten Technologien zur Gesichtserkennung in Europa. Mit seinem Projekt hat er die polizeilichen Aktivitäten, die mittlerweile Standard jeder Demonstration sind, umgekehrt. Facial Recognition ist Element der polizeilichen Arbeit und wird dazu verwendet, Personenidentifizierung an beliebigen Orten durchzuführen, egal, ob die identifizierten Personen ermittlungsrelevant oder sonst wie betroffen sind. Jede/r TeilnehmerIn einer Demonstration muss davon ausgehen, dass sie/er aufgezeichnet oder fotografiert wird.

Aktuelle Überwachungstechnologien

Wer wissen möchte, welche Technologien zum Einsatz kommen, dem sei ein weiterer rC3-Vortrag empfohlen: «How to Identify Police Surveillance at Protests and Large Gatherings», der sich mit der verwendeten Hardware auseinandersetzt. Mithilfe aktueller Facial Recognition Tools und angehängter Datenbanken lässt sich fast jede Person identifizieren. Inwieweit dies zulässig ist und wie mit den Daten später verfahren wird, lässt sich schwer beurteilen und ist von Land zu Land unterschiedlich oder nicht geregelt.


Aber klar ist auch, die technischen Möglichkeiten sind durch Unternehmen wie ClearView AI und pimeyes.com in den Massenmarkt gebracht worden und nicht mehr wegzubekommen. Dabei unterstützen ML-basierte Algorithmen die Auswertung bzw. machen sie möglich. Ob ihr Einsatz gesellschaftlich gewünscht ist, bleibt Gegenstand der Diskussion. Eindeutige gesetzliche Regelungen sind nicht im erforderlichen Umfang gegeben, von Transparenz der Verwendung ganz zu schweigen.

Der Künstler zeigt auf

Cirio ging es darum zu zeigen, wie schnell und einfach vorhandene Technologien genutzt oder besser missbraucht werden können. Für mich ein weiteres Beispiel dafür, das jede, insbesondere AI-basierte Technologie für einen guten Zweck genutzt aber auch missbraucht werden kann.

Ich halte sein Ziel, Facial Recognition grundsätzlich zu verbieten, jedoch für nicht umsetzbar. Denn Technologie, die ihren Weg in den täglichen Einsatz gefunden hat, lässt sich nicht mehr verbieten. Die einzige Möglichkeit ist die gesetzliche Regelung und Transparenz des Einsatzes, um ausreichende Accountability zu schaffen.


Die Auseinandersetzung zum Umgang mit neuen Technologien, sei es Facial Recognition oder andere, muss geführt werden und vor allem reguliert werden, um sinnvolle Rahmenbedingungen zu schaffen. Danke an den Chaos Computer Club, der es geschafft hat in liebevoll-chaotischer Weise spannende Themen in den Mittelpunkt zu rücken.

...zum Schluss

Und bevor es vergessen geht oder obsolet wird, allen Lesern ein schönes und hoffentlich deutlich entspannteres Neues Jahr, in dem wir hoffentlich wieder reisen und unsere Liebsten in den Arm nehmen können. Bleibt alle gesund!


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